Sinnierender Affe auf Gibraltar |
Gibraltar, 16. Juni 2014: Ob ich Geld mitführe, fragt mich
der Grenzsoldat mit der schussbereiten Knarre im Halfter, bevor wir die
Flugzeug-Landebahn nach Gibraltar queren dürfen. Ich brabbele etwas von
„vielleicht 200 Euro“, was anscheinend genügt. Erst später verstehe ich den
Sinn dieser Frage so richtig: Da der zu Großbritannien gehörende Stadtstaat
kaum andere Einnahmequellen haben dürfte, langen die Gibraltesen bei jeder
Gelegenheit zu: Die Seilbahnfahrt hinauf zum Affenfelsen zum Beispiel kostet
uns zu zweit fast 30 Euro und auch nahezu jede einzelne Sehenswürdigkeit kostet
da oben extra. Immerhin ist der Parkplatz an der Bodenstation der Seilbahn
kostenlos. Aber während die Bahn mühsam und stockend nach oben gondelt,
versuche ich mir im Stillen auszumalen, wie der Grenzer wohl auf die Antwort
„No money“ reagiert hätte. Ob der wohl sofort eine Nagelkette über die Straße
gezogen, drei britische Tanks aufgefahren und uns entgegen gebrüllt hätte: „You
are a Public Enemy!“...?
Kinder in Todesangst
Diese Gedankenspiele finden wenige Minuten nach hinter der
Bergstation ein abruptes Ende: Markerschütternde Schreie gellen über den
Affenfelsen und alle Ur-Instinkte im Hirn signalisieren: Todesgefahr! Hier
werden Kinder geschlachtet und stehen Frauen im Angesicht des Grauens. Uns
nämlich hatte der stoisch dreinblickende Affe noch an der Bahnstation passieren
lassen, einer Familie mit zwei kleinen Mädchen erging es ganz anders: Das Tier
hatte anscheinend versucht, die Treppe zu passieren, und versetzte dabei die
beiden Jung-Blondinen in Todesangst. Minuten später wiederholt sich das Schau-
und Hörspiel übrigens mit einer Touristin, die ihren Beutel – entgegen allen
Warnschildern – vor eines Affen Nase herumgeschwenkt hatte – und der
interpretierte dies als Essenszeit...
Ganze Affenfamilien zu sehen
Fortan schalte ich das Kameraklick-Geräusch am iPhone aus
und nähere mich allen Affen nur noch in Slow Motion und mit dem deutlichen
Körpersprache-Signal: Ich bin keine Gefahr! Belohnt werden wir dafür mit ganz
liebreizenden Aufnahmen einer Affenfamilie mit Mini-Affenbaby, wobei bei den
Umstehenden sofort eine heiße Diskussion darüber entbrennt, welcher der
Affenkerle hier der Vater und welcher das Alpha-Männchen ist.
Nebelschild über dem Felsen
Neben diesen tierischen Hauptattraktionen bietet der
britische Affenfelsen an der Meerenge zwischen Europa und Afrika aber auch
sonst allerlei Hingucker: Von den Militärruinen ganz oben auf dem Gipfel hat
man an sonnigen Tagen zweifellos einen tollen Blick gen Afrika. Da die Briten
heute aber ihren klingonischen Schutzschild gen Afrika aufgebaut und alles nach Londoner
Art vernebelt haben, bleibt uns nur der Blick hinunter auf das eng bebaute
Städtchen am Fuße des Felsens, dessen besagte Start- und Landebahn von der
einzigen Zufahrtsstraße gequert wird – ich hoff mal einfach, dass die Ampeln
rechtzeitig auf Rot geschaltet werden, wenn sich dort ein Jumbojet nähert.
Lichtspiele in der Tropfsteinhöhle |
Lichtspiele in der Tropfsteinhöhle
Sehr zu empfehlen ist auch ein Besuch der „Caves“, der
großen Tropfsteinhöhle, die effektscheischend mit bunten Wechsellichtern
illuminiert und mit dramatischer Musik beschallt wird. Weiter oben kann man
eine der zahlreichen Geschützbatterien aus der Zeit besichtigen, als Gibraltar
noch eine bedeutende strategische Festung des Empires war, die bei Bedarf die
Seepassage zwischen Mittelmeer und Atlantik (siehe auch: „Das Boot“)
dichtmachen konnte. Diese besondere Bedeutung Gibraltars als Nadelöhr war
bereits den Karthagern und den Griechen in der Antike wohlbekannt. Letztere
nannten die Meerenge die „Säulen des Herakles“ und für Erstere war die Meerenge
eine wichtige Station auf ihren Entdeckungs- und Handelsreisen zur damals erst
vermuteten Südspitze Afrikas oder zu den „Zinninseln“ (heute Großbritannien),
die als Nachschublieferant für die Bronzeherstellung galten.
Im Belagerungstunnel wachen heute nur noch Pappkameraden
Puppen-Marschall bewacht den Tunnel |