Mittwoch, 11. Juni 2014

Toledo, Tag 2: Foltern, Verstümmeln, Demütigen



Im Foltermuseum Toledo ist bemerkenswert oft von nackigen Frauen die Rede.

Zu Besuch im Torture-Museum der Inquisition

Toledo/Córdoba, 11. Juni 2014: In der einstigen Hauptstadt Toledo haben die Spanier nicht nur die Kunst perfektioniert, Gold anzuhäufen und kunstvolle Kathedralen zu schnitzen, sondern auch, wie man Menschen aufs Vortrefflichste foltert, verstümmelt und demütigt. Warum nur wundert dieser Zusammenhang nicht...?

Juden vertrieben: Synagoge wird Kirche

Ex-Synagoge in Toledo
Wir haben heute nämlich – entgegen unseren ursprünglichen Plänen – noch einen halben Tag in Toledo drangehängt. Unter anderem, um eine Ex-Synagoge zu besichtigen. Im 12. Jahrhundert von Juden gebaut, vertrieben die Christen im Zuge der Reconquista selbige und wandelten die Synagoge in die Kirche Santa Maria La Blanca um, heute ist das Gebäude ein Museum.

Unter da Vincis Panzer schlummert der Kerker

Modell von da Vincis Panzer-Entwurf - mit eingestreuten (absichtlichen?) Fehlern.
Um jetzt endlich zum Foltern und Quälen zu kommen: Eigentlich angelockt von einer „Leonardo da Vinci“-Ausstellung, die unter anderem Panzer- und Flugzeug-Entwürfe des zerstreuten Genies zeigte, haben wir gleich noch den ursprünglichen Zweck der Ausstellungshalle erkundet: Drunter nämlich war der Kerker der Hermandad von Toledo, einer Art Miliz-Orden der Reconquista-Zeit, der im Namen des einzig wahren Glaubens fleißig raubte, brandschatzte – und „Ungläubige“ und „Ketzer“ in höchst ungemütlichen Zwangspositionen in den Zellen fixierte.

Von der Streckbank unter den Schädelzermalmer

Was das für Zähne und Unterkiefer

bedeutete, wenn die Zwinge zugeschraubt wurde, kann man sich denken.
Das in der Da-Vinci-Karte inklusive, sind wir ein Hundert Meter weiter noch in das zugehörige Folter-Museum geschlendert – und dort gabs dann die volle Hardcore-Ladung: Streckbank, Verstümmel-Sägen, Vagina-Spreizer, eine kratzbürstige Eiserne Jungfrau und dergleichen Torturen mehr, liebevoll von den spanischen Glaubensverteidigern (Monty Python: „Who expected the Spanish Inquisition!“) zusammengetragen und in ihren Folgen für den menschlichen Körper nicht weniger lustvoll auf diversen Erklärtafeln dargelegt.

Schön schaurig, aber mit Vorsicht zu genießen

Eines muss man der Schau lassen: Der Schauder-Koeffizient ist hoch. Der Glaubwürdigkeitsgrad hingegen... da kommen dem Historiker an dieser und jener Stelle schon leichte Zweifel. Und das liegt nicht nur an solchen Indizien wie denen, dass besonders Folterungen nackter Frauen hier besonders anschaulich erläutert werden (Nachtigall, ich hör dir trapsen), sondern zum Beispiel auch daran, dass zum Beispiel die Eiserne Jungfrau (meines Wissens) eine Erfindung der Aufklärung war.

Córdoba ruft

Nach all der Gruselei sind wir ganz schnell mit unserem Miet-BMW (der auf jeden Fall eine bessere Wahl war als die Mistkarre letztes Jahr in Griechenland) gedüst, haben fast leere Autobahnen, eine Bullenhitze und rücksichtsvolle Lkw-Fahrer genossen, etwas weniger schon das Tempolimit, das meist bei 120 fixiert ist, und sind schließlich völlig durchgeschwitzt im schönen Córdoba angelangt, wo ein Straßenthermometer gleich mal 40 Grad anzeigte. Hier hat auch das erste Mal mein TomTom-Navi versagt und mich nach einer nervenaufreibenden Millimeter-Präzisionsfahrt durch sauenge Innenstadtgassen vor ein paar „Ihr kommt hier nicht vorbei“-Gandalf-Ausfahrpoller geführt hat, als wir unser Hotel suchten. Der Rest Gepäckbuckelei quer durch die (übrigens sehr kinderreiche) City... Heiko Weckbrodt