Dienstag, 10. Juni 2014

Madrid die Dritte: Sprungskater, Schildkröten und Surrealisten


Ab 22 Uhr brennt die Luft

Madrid, 9. Juni 2014: Madrid entfaltet seinen vollen Charme erst am späten Abend, das haben wir gestern erst so richtig gemerkt, als wir noch mal ab 22 Uhr durch die Innenstadt geschlichen sind: Dann erst haben alle Straßencafés geöffnet, die Kellner locken offensiv die Gäste mit Tapas & Paellas und die großen Ausfallstraßen machen mit ihrer großformatigen Leuchtreklame einen auf New York.
Auch Live-Acts, gegen die in Deutschland sofort Polizei, TÜV, Gesundheitsamt und sonst wer Sturm laufen würden, sind dann zu sehen. Zum Beispiel an der nächtlichen Puerto del Sol einen Skateboard-Kontest: Die Skater nehmen Anlauf uns springen über immer mehr Passanten, die sich als Freiwillige auf den Platz legen. Kam zu keinen Verstümmelungen und eine deutsche Blondinen-Gang fühlte sich sofort zu einem Gruppentanz animiert.

Gepallte Expressionisten-Dosis

Tags sind wir wieder getrennte Wege gegangen: Herr Ronny hat wie ein Wilder im Botanischen garten Bonsai-Bäume fotografiert, während ich mir im Königin-Sofia-Museum die volle Surrealisten- und Kubisten-Dröhnung reingezogen habe. In dem für moderne Künstler reservierten Gegenstück zum Prado findet man zum Beispiel Picassos Großgemälde „Guernica“, in dem der expressionistische Glatzkopf die Zerstörung der gleichnamigen Basken-Gemeinde im Spanienkrieg durch die deutsche Legion Condor zu einem künstlerischen Aufschrei an die Weltöffentlichkeit verarbeitet hatte. Daneben hängen dort zahlreiche Werke von Miro und anderen „modernen Klassikern“, aber auch einige interessante, aber wenig bekannte expressionistische deutsche Arbeiten.

Knüppel-Büttel und Kameras allerorten

Beim Besuch der Almudena-Kathedrale neben dem Königsschloss, aber auch sonst fast überall im Stadtbild fällt aber auch auf, wie sehr die Terroranschläge der vergangenen Jahre (darunter die Zuganschläge von 2004) ganz die Sicherheitsvorkehrungen im Alltag drastisch verschärft haben: Selbst in der Kathedrale (dort aber eher lax) und auf den Bahnhöfen muss man Sicherheitsschleusen passieren und fast allerorten sieht man Überwachungskameras und Polizisten mit Knarre und Gummiknüppeln.

Tropenwald im Bahnhof

Apropos Bahnhof: Ein Erlebnis ganz besonderer Art ist der Atocha-Bahnhof nahe dem Sofia-Museum: Was von außen wie eine große Gleishalle aussieht, ist im Innern ein riesiges Gewächshaus mit einem Trödelmarkt im tropischen Wald, einem Teich mit Hunderten Schildkröten und allerlei anderen Tieren. Der Übergang zu den Hochgeschwindigkeitszügen beginnt erst dahinter und ist abgesichert wie ein Flughafen.

Ansteckender spanischer Way of Life

Und noch ein Apropos zur Hitze: Eingedenk unserer Hitzeschlag-Erfahrungen in Griechenland im vergangenen Jahr haben wir gleich die gute alte südeuropäische Tradition der Siestas übernommen: Mittags ab 13 Uhr durch die Stadt zu laufen, ist eine Tortur, abgesehen habe ich eingedenk der nächtlich-lautstarken Aktivitäten der jungen Madrilenen (danke, Herr Axel!) deutliche Schlafdefizite aufgebaut. Die Hitze mag mir auch ein guter Vorwand sein, kein Fußballstadion hier besichtigt zu haben (nein, Axel . nein!).
Okay: Das war erst mal unser letzter Tag in Madrid: Morgen holen wir uns einen Mietwagen und ab geht’s gen Süden. Hola! 
PS: Wer Rechtschreibfehler findet, kann sie behalten! Schreib hoier auf einer düsteren Terrasse...