Die Altstadt von Cordoba von der anderen Seite der Römerbrücke aus. |
Heute sind es 43 Grad – morgen wird es heiß
Córdoba, 12. Juni 2014: Heute schwankte das Thermometer
zwischen 42 und 43 Grad. Aber heiß wird erst morgen. So hat mir ein
Hotel-Angestellter während eines Small-Talk-Versuches auf der Terrasse auf dem
Hotel-Dach erklärt. Die Betreiber der „Kaltes Wasser“- und Eis-Stände in der
Stadt dürften sich schon die Hände reiben.
Vor diesen Röstversuchen Cordobas bin ich in die
Moschee-Kathedrale der Stadt geflüchtet, wobei es Herr Ronny nur in den
Innenhof geschafft hat und dann wieder ins Hotel geschlichen ist: Er kränkelt
weiter. Ich tippe auf die Spanische Grippe. Die, die nach dem I. Weltkriegs
Millionen dahingerafft hat...
Matroschka-Prinzip: Kathedrale in der Moschee auf der Basilika und dem Römer-Tempel
Maurische Architektur dominiert große Teile der Kathedrale |
Aber zurück zur Moschee-Kathedrale Mezquita – und die ist
eine der interessantesten Kirchen, die ich bisher angeglotzt habe. In der
Antike stand dort ein römischer Tempel, den die Westgoten durch eine Basilika
ersetzt haben, auf der wiederum der Emir von Córdoba ab 784 eine der größten
Moscheen des westlichen Mittelmeerraums errichten ließ. Die war so groß, dass
die spanischen Reconquistadoren Platz genug hatten, um ein komplettes
christliches Kirchenschiff hineinzubauen!
...und mittenhinein haben die Spanier ein komplettes gotisches Kirchenschiff hineingebaut |
Komplettes Gotik-Schiff hineingesetzt
Dementsprechend faszinierend der Besuch in der Mezquita: Aus
der Nähe und äußerlich die typische Bauweise und Ornamentik einer Moschee,
sieht man vom hohen Glockenturm ab, innen drin ein Wald aus maurischen Säulen und
Doppelbögen – und in der Mitte ein prächtiges gotisches Kirchenschiff mit einem
reichverzierten Chor und einer rappelvollen Schatzkammer. Mancher Gold-Schrein,
den die spanischen Heiligen-Fans da um ihre Reliquien herumgeschnitzt und
gehämmert haben, bewegt sich zwar hart am Rande des guten Geschmacks. Aber:
Obgleich das religiöse Ansinnen bei mir alten Atheisten verpufft, muss man doch
anerkennen, dass einige der hier gezeigten Heiligen-Statuen ausgesprochen
kunstfertig und ausdrucksvoll gelungen sind.
Römerbrücke gehörte einst zur Via Augusta
Aber auch die Antike zeigt sich an vielen Stellen im
Stadtbild: Wenige Schritte hinter der Kathedrale kann man zum Beispiel über
eine lange Römerbrücke auf die andere Seite des Guadalquivir-Flusses latschen,
außerdem haben die spanischen Archäologen nahe
am Plaza de la Corredera einen römischen Tempel ausgebuddelt. Mein
Spanisch reichte zwar nicht, um sicher zu ermitteln, wem der Tempel geweiht
war, aber ich hatte auf der Schautafel den Eindruck, dass die Experten diesen
Punkt absichtlich umschifft haben.
Viele kleine Flamenco-Damen
Altstadt-Läden voll Flamenco-Nippes |
Mein Versuch, dann noch eine der letzten mittelalterlichen
Synagogen Spaniens aufzusuchen, sind dann allerdings an Bauarbeiten
gescheitert, „Reforma“, hat mir der etwas gelangweilte Arbeiter am Eingang zu
erklären versucht und mit dem Kopf geschüttelt. Was mir übrigens schon gestern
und auch heute wieder aufgefallen ist: Auffallend viele kleine Mädchen, die
stark geschminkt sind. Nach einigem Sinnieren hat es dann aber bei mir Klick
gemacht: Das waren kleine Flamence-Tänzerinnen. Denn wenn es in der Altstadt
von Córdoba außer Hotels, Hitze, Touristen und historischem Gelumpe noch eines
gibt, dann sind Flamenco-Schulen, Flamenco-Lokale und Flamenco-Nippesläden.
Heiko Weckbrodt