Freitag, 26. Juni 2015

Licht-Specialeffekte im Kirchen-Leuchtturm





Le Havre wirkt wie Reißbrettstadt der 50er - wirklich faszinierend fand ich aber nur die Joseph-Kirche


Le Havre, 26. Juni 2015. Im Großen und Ganzen hebt mich die 50er-Jahre-Architektur von Le Havre ja nicht so richtig an. Ich will das Wort "hässlich" mal nicht verwenden, weil man merkt, dass sich die Le-Havrianer wirklich Mühe geben und Parks pflanzen, Straßenkunst aufstellen und dergleichen. Ob das aber reicht, um Le Havre in eine schöne Stadt zu verwandeln. Hmmm. In der Sowjetunion (z. B. Kiew) und auch daheim in Dresden (Altmarkt) bzw. Berlin (Stalinallee) ist eben seinerzeit ähnlich gebaut worden, nur teils noch ein paar Nummern größer. Eine wenig menschenorientierte Architektur, wie ich persönlich finde, eher etwas für die Selbstbespiegelung von Stadtplanern und Politikern).

Aber der Besuch der 1957 errichteten St-Joseph-Kirche war dann doch eine positive Überraschung: Außen wirkt sie wie ein Leuchtturm (107 Meter hoch), innen wie eine Neuinterpretation von Gotik in Rohbeton - mit faszinierenden Lichteffekten. Viele Kirchenneubauten, die seit dem Krieg entstanden sind und die ich kenne, sind ganz andere architektonische Wege gegangen, weg vom Turm, hin zu extravaganten, teils organischen Formen. Aber hier wirkt die hochstrebende Turmbauweise: Der Blick wird im Innenraum immer wieder nach oben zum Licht (okay: Zaunspfahl) gezogen, ohne von allerlei Zierrat unten weggelockt zu werden.

Nicht so ganz passen wollen allerdings zwei Details: Zum Einen die Orgel, die hier wie ein altmodisches, vergessenes Solitär wirkt. Und während die meisten Kirchen dem Prinzip "Der Gottesdienst ist kein Fernsehabend und deshalb sind die Bänke hart" folgen, haben die Franzmänner hier bequeme Sessel eingebaut - nur ein paar hintere Reihen sind - wahrscheinlich für die Puristen, spartanisch aus Holz gezimmert. Heiko