Donnerstag, 24. November 2016

Karaoke-Begeisterung in Vietnam




Phan Thiet, 20. November 2016. Am letzten Abend vor meiner Heimreise hat mich Thao in einen Karaoke-Schuppen in Phan Thiet mitgeschleppt – ein faszinierendes Erlebnis. Denn erfunden haben dieses Singspiel, bei dem Amateure beliebte Poplieder nachsingen, zwar die Japaner. Aber längst fahren auch die jungen Vietnamesen völlig darauf ab – vor allem die Frauen.

Und dieses Freizeitvergnügen wird von den Karaoke-Bars hochprofessionalisiert offeriert. Die Bar hatte – verteilt über die Etagen – mehrere durchnummerierte Kabinen, in denen großzügige, aber auch schon sichtlich benutzte Sitzgruppen ganzen Cliquen Platz bieten. Disko-Lichter drehen sich von der Decke, die Sound-Anlagen sind bombastisch und die Lautstärke tendiert gen Hörsturz-Gefahr. Aber das macht den Vietnamesinnen überhaupt nichts aus, eher im Gegenteil: Bei der Lautstärke kann eh niemand mehr hören, wenn die Damen und Herren falsch singen beziehungsweise den Ton nicht treffen.

Ein Karaoke-Abend ist ja auch nicht als Kunstgenuss, sondern als Gemeinschaftserlebnis gedacht. Immer wieder kommt auch die Bar-Crew in die Kabinen, liefert Seafood, Obstteller, Bier und andere Getränke nach. Vor allem für die jungen Männer scheint es dabei zum guten Ton zu gehören, sich nahezu im Minutentakt aus Plaste-Bierhumpen zuzuprosten und da will dann natürlich keiner beim männlichen Trink-Ritual zurückstehen. Als ich das erst mal erkannt hat, wunderte es mich auch nicht mehr, dass sich junge Vietnamesinnen oft darüber klagen, dass sich ihre Männer so oft und exzessiv mit Bier betrinken – bei diesen Ritualen ist man natürlich in Nullkommanix abgefüllt.
Zumindest die Clique, mit der ich den Karaoke-Abend verbringen durfte, blieb trotz der zunehmend alkoholisierten Stimmung aber eine ausgesprochen freundliche und nette Gesellschaft. Nachgesungen haben die jungen Damen und Herren übrigens vorzugsweise Popmusik made in Vietnam, englische Songs waren kaum gefragt. Da mag nicht jeder Einsatz gepasst haben – doch die Stimmung war bombastisch, die Mädels waren zum Schluss nahe am Austicken und da fragt niemand nach einem falschen Ton. Für mich ein absolut faszinierendes Erlebnis, von dem ich allerdings nur hoffe, dass sich meine Ohren je wieder vom Lautstärkepegel erholen werden ;-)
Heiko Weckbrodt